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Plenarrede im BR am 16.8.2013 zur Verordnung über die Verteilung und Verwendung der Mittel des Fonds "Aufbauhilfe" (Aufbauhilfeverordnung)

Heute geht es um die Mittelverteilung des nationalen Solidaritätsfonds „Aufbauhilfe“. 8 Mill. Euro stehen zur Verfügung. Bund und Länder beteiligen sich nach einem transparenten, klaren und solidarischen Verfahren finanziell an der Beseitigung der Flutschäden.

Das ist ein gutes Signal. Diese Mittel können sowohl für die Finanzierung der bereits laufenden Soforthilfen,für Maßnahmen für geschädigte Privathaushalte und Unternehmen, als auch zur Wiederherstellung der Infrastruktur in den betroffenen Regionen eingesetzt werden.

Unser Anliegen ist es, schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. Das ist gut so – aber nur eine Seite der Medaille.Denn: Schadensbeseitigung und Reparaturen nach extremen Hochwasserereignissen binden wieder und wieder Haushaltsmittel und Personal. Extreme Wetterlagen nehmen zu  - (Stichwort Klimawandel).

Die andere Seite der Medaille aber betrifft die Frage, wie wir in Zukunft solchen Schäden durch einen optimalen Hochwasserschutz vorbeugen und wie wir die Menschen besser schützen können. So richtig die zügige finanzielle Unterstützung durch den Aufbauhilfefonds auch ist – sie darf nicht dazu führen, dass mit der Konzentration auf die „Wiederherstellung“ der Infrastruktur alte Fehler wiederholt werden oder Schnelligkeit vor Sorgfalt geht.

Selbstverständlich müssen Deichbrüche repariert und gefährliche Schwachstellen umgehend für das nächste Hochwasser sicher gemacht werden. Hier darf keine Zeit verloren gehen, schon gar nicht wenn alle zwei, drei Jahre so genannte Jahrhunderthochwasser auftreten.

Diese kurzfristig zu ergreifenden Notmaßnahmen dürfen aber langfristig wirksamen Konzepten nicht im Wege stehen.Wir müssen den Flüssen wieder mehr Raum geben. Und noch ein Aspekt ist mir wichtig:nämlich ausreichender Versicherungsschutz.

Wir brauchen Lösungen dafür, wie künftig ein ausreichender Versicherungsschutz gewährleistet werden kann und inwieweit die Einführung einer Versicherungspflicht für Elementarschäden zu bezahlbaren Beiträgen möglich ist.

Das erwarten wir von der neuen Bundesregierung. Nicht jeder hat eine alte (DDR-) Police, die Elementarschäden ohne Wenn und Aber mitversicherte. Heute müssen Haus­eigentümer einen Zusatz­baustein zur Wohn­gebäude­versicherung abschließen. Für Häuser in Hoch­wasser­regionen ist selbst in historisch gewachsenen Siedlungsgebieten der Elementar­schutz oft nur schwer zu bekommen.

Deshalb brauchen wir eine Elementarschadenpflichtversicherung. Sonst müssen Schäden durch Naturkatastrophen auch künftig vor allem durch staatliche Ad-hoc-Maßnahmen und private Spenden reguliert werden. Für diese Hilfen gibt es jedoch keinen Rechtsanspruch. Dies führt für die Beteiligten zu Rechtsunsicherheit und zur Ungerechtigkeit.

Das Junihochwasser 2013 hat das Land Brandenburg nicht unvorbereitet getroffen: in die Hochwasserabwehr sind in den vergangenen Jahren mit der Unterstützung der EU und des Bundes rund 400 Mio. Euro investiert worden. Über 200 km Deiche, v. a. an Elbe und Oder wurden saniert oder neu gebaut. An der Oder sind über 90% des Bedarfes abgearbeitet, auch an der Elbe sind drei Viertel der sanierungsbedürftigen Strecken fertig.

Die immensen Leistungen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes sind umso beachtlicher, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass nach dem großen Oderhochwasser 1997 in dichter Folge 2002, 2006, 2010 (mehrfach!) und 2011 weitere „Jahrhunderthochwasser“ an Elbe und Oder folgten. Das diesjährige Elbhochwasser könnte nach erster vorsichtiger statistischer Einordnung durch die Experten sogar ein „200-Jähriges“ wenn nicht ein „500-jähriges“ gewesen sein.

Hochwasserschutz ist in Deutschland Ländersache – obwohl wir wissen, dass Flüsse nicht an Ländergrenzen haltmachen. Mit dem technischen Hochwasserschutz allein werden wir die Hochwassergefahren nicht bewältigen. Und bei einem Wettbewerb der Länder um immer höhere Deiche werden wir alle verlieren.

Deshalb müssen wir gemeinsam über neue Wege und ein länderübergreifendes Agieren nachdenken und Verabredungen treffen. Die Sonderkonferenz der Umweltminister am 2. September in Berlin ist der richtige Ort für derartige Diskussionen und Beschlüsse.

Wir sind in einer guten Vorbereitung. Wir brauchen ein zukunftsfähiges Nationales Hochwasserschutzprogramm. Zukunftsfähig heißt, den Flüssen mehr Raum zu geben.Wir müssen uns um weitere Polder- und Überflutungsflächen bemühen, um im Hochwasserfall präventiv Polder und Retentionsfläche fluten zu können. Die planmäßig gefluteten fast 10.000 ha Havelpolder haben auch in diesem Jahr maßgeblich zur erfolgreichen Hochwasserabwehr an der Elbe beigetragen. Auch wir brauchen die Ausweisung weiterer Retentionsflächen!

Die nationalen und europäischen Förderregularien lassen aber derzeit den Einsatz von Bundes- und/oder EU-Mitteln für die Rückverlegung von Deichen und die Einrichtung gesteuerter Polder nur in sehr begrenztem Umfang zu. Aber nur mit Fördermitteln des Bundes und der EU werden die Länder in der Lage sein, hierfür ausreichende Flächen zur Verfügung zu stellen.

Es müssen dringend entsprechende Fördermöglichkeiten für Anreize für Landeigentümer und Landnutzer geschaffen werden. Ich bin überzeugt, die Bereitstellung von Überflutungsflächen wird auf Dauer volkswirtschaftlich preiswerter sein als im Nachhinein die Behebung von Hochwasserschäden zu finanzieren. Deshalb muss das Nationale Hochwasserschutzprogramm eine gemeinsame Finanzierungsstrategie beinhalten.

Wir alle stehen vor der Aufgabe, bis Ende 2015 Hochwasserrisikomanagementpläne zu erarbeiten. Das Nationale Hochwasserschutzprogramm sollte demzufolge Teil der europäischen Hochwasserrisikomanagementplanung werden.

Die BR hat mit ihrem Vorgehen gezeigt, dass es möglich ist, schnell und unbürokratisch Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.Ich hoffe, die Schnelligkeit und Hilfsbereitschaft liegt nicht nur in der bevorstehenden Bundestagswahl begründet. Die Soforthilfen, die gemeinsam mit den Ländern in die Wege geleitet wurden, haben vielen Betroffenen in der ersten Not geholfen.

Mit der VO über die Verteilung und Verwendung der Mittel das Aufbauhilfefonds wird klar gestellt, wie die Mittel des Fonds eingesetzt werden können. Das ist gut so, aber es darf nicht alleine dabei bleiben, wir müssen jetzt die nächsten Schritte für den Hochwasserschutz gehen.

Denn es gilt: Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam wohl bedacht und zügig Vorsorge für die Zukunft treffen.