„Wie weiter mit der gesundheitlichen Versorgung im Land Brandenburg?“
Antrag der Fraktion DIE LINKE über eine Aktuelle Stunde zum Thema
„Wie weiter mit der gesundheitlichen Versorgung im Land Brandenburg?“ (LT DS 5/8372)
Anrede,
der gesundheitspolitische Fahrplan der Regierungsfraktionen steht - er ist kein großer Wurf, es wird keine Gesundheitsreform geben und die sinnvolle und zukunftsfähige Bürgerversicherung ist in weite Ferne gerückt.
Der Koalitionsvereinbarung enthält eine Reihe von Stichpunkten, die in die richtige Richtung deuten. Spannend dabei bleibt, wie sie gesetzgeberisch ausgestaltet werden und wie viel Mut der Bund aufbringen wird. Meine Hoffnungen sind gering.
Zu einigen Punkten aus der Koalitionsvereinbarung:
Zum Thema Prävention:
Wir werden noch 2014 ein Präventionsgesetz verabschieden, das insbesondere die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kita, Schule, Betrieb und Pflegeheim und die betriebliche Gesundheitsförderung stärkt und alle Sozialversicherungsträger einbeziehen.
Seit Jahren fordern wir ein Präventionsgesetz. Das schlechte Gesetz der Vorgänger- Bundesregierung konnten wir zum Glück 2013 im Bundesrat stoppen, weil
- keine ausreichende Finanzierung und
- keine Berücksichtigung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD), der dabei wichtige Aufgaben zu übernehmen hat.
Die Bundesländer haben bereits 2012 im Bundesrat (DS 753/12) für eine Fondslösung auf der Länderebene plädiert, weil Prävention und Gesundheitsförderung auf der Länder- und besonders auch auf der kommunalen Ebene verwirklicht werden.
Zur Prävention gehört das Grundlagenwissen über die Ursachen von Krankheiten. Wir wissen es inzwischen alle: Soziale Ungleichheit führt zu gesundheitlicher Ungleichheit. Wir brauchen Prävention dort, wo die Menschen leben. Und brauchen einen starken ÖGD. Ich habe entsprechende Gespräche geführt und einen Brief an Landräte und Oberbürgermeister gesandt.
Prävention ist ein Punkt, weitere sind:
- In einer Qualitätsoffensive soll die die Qualität der stationären Versorgung verbessert werden. Das ist gut so, das wollen wir alle! Die beste Qualitätssicherung besteht in einer auskömmlichen Bezahlung des Personals für seine zuverlässige und aufopferungsvolle Tätigkeit!
- Auch wir sind für eine weitere Verbesserung der flächendeckenden Versorgung in den ländlichen Regionen sowie
- für eine Stärkung der Rolle des Hausarztes und der hausärztlichen Versorgung setzt sich auch rot/rot in Brandenburg ein.
Mehr Möglichkeiten zur Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen durch den Einsatz von qualifizierten nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen einschließlich deren leistungsgerechten Vergütung ist eine Forderung, die Brandenburg schon länger erhebt.
Entscheidend für uns ist, dass diese Ziele nicht wie in den letzten vier Jahren, wieder zu bloßen Programmsätzen verkommen. Sie müssen jetzt mit konkreten bundespolitischen Maßnahmen und Gesetzesänderungen untersetzt werden. Denn ca. 80% der gesetzlichen Regelungen für die Gesundheitspolitik erfolgen durch die Bundesgesetzgebung.
Anrede,
eine Forderung, die bereits hohe Wellen geschlagen hat, ist die Absicht, die Wartezeit auf einen Arzttermin für gesetzlich Versicherte deutlich zu reduzieren. Im Koalitionsvertrag heißt das wie folgt:
„Für gesetzlich Versicherte wollen wir die Wartezeit auf einen Arzttermin deutlich reduzieren. Sie sollen sich zukünftig bei Überweisung an einen Facharzt an eine zentrale Terminservicestelle bei der KV wenden können. Diese vermittelt innerhalb einer Woche einen Behandlungstermin. Für den Termin soll im Regelfall eine Wartezeit von vier Wochen nicht überschritten werden.“
Na hallo, dieser Vorschlag geht wohl haarscharf am eigentlichen Problem vorbei:
hier ist nur von denjenigen Versicherten die Rede, die bereits eine Überweisung zu einem Facharzt haben. Schwierig haben es diejenigen Versicherten, die erst gar keinen Termin beim Haus- oder Facharzt erhalten bzw. lange hierauf warten müssen.
Anrede,
trotz all unserer Bemühungen, Ärzte für eine vertragsärztliche Versorgung im Land zu gewinnen, ist die Situation regional sehr unterschiedlich.
Die Zahl der niedergelassenen Ärzte führt, in Verbindung mit der demografischen Entwicklung zu einer teilweise extrem hohen Patientenanzahl für den einzelnen Arzt/Ärztin. Und es wird künftig in den Berlin fernen Regionen zunehmend schwieriger werden, frei werdende Arztstellen wieder zu besetzen.
Wir sind uns darin einig, dass uns die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung (ambulant und stationär) in ländlichen Regionen nur gelingen wird, wenn die vorhandenen Ressourcen strategisch klug und ressortübergreifend eingesetzt werden können. Dazu brauchen wir ein wirksames Umverteilungsmoment, dass bundesweit
- einerseits Überversorgung abbauen hilft, denn wir haben bundesweit nicht zu wenig Ärzte, sie sind nur falsch verteilt! und
- andererseits die medizinischen Leistungen in strukturschwächeren ländlichen Regionen angemessen finanziert werden. Hierfür brauchen wir dringend die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bundes.
Hilft der Bund nicht, so helfen wir uns auf Länderebene selbst …
Hier liegen die Potenziale immer zuerst in der Zusammenarbeit aller Partner im Gesundheitswesen. Und für die gibt es in Brandenburg bereits eine gute Tradition und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, mit der wir gute Ergebnisse erreicht haben:
- Krankenhausplan-Fortschreibung in einem sehr transparenten Verfahren,
- Umstellung Krankenhausfinanzierung auf Investitionspauschale seit 1.1.2013 -erfährt gute Akzeptanz,
- gemeinsame Fachkräftewerbung,
- neue Verträge der Lehrkrankenhäuser mit Charite,
- neue Modelle: Agnes II in Brandenburg (derzeit 60 Praxisassistenten),Telemedizin, Bereitschaftspraxen an Krankenhäusern, Patientenbus in MOL, Stärkung der Niederlassung durch Kassenärztliche Vereinigung, Anstellung von Ärzten bei Kassenärztliche Vereinigung, neue Formen Vereinbarkeit Beruf-Familie, Arbeitszeitmodelle, Kinderbetreuung, erste Qualitätskonferenz der Krankenhaus-Gesellschaft, mehr Medizinische Versorgungszentren zur Versorgung aus einer Hand, eine mobile Zahnarztpraxis usw.
Wir werden die Arbeit des gemeinsamen Landesgremium für sektorenübergreifende Versorgungsfragen nach § 90a SGB V im März aufnehmen.
Die Steuerung von gesundheitlicher Versorgung und die Entwicklung zukunftsfähiger Konzepte, insbesondere für strukturkritische Regionen soll noch besser gelingen. Regionale Versorgungsbedürfnisse, raumordnerische Aspekte und
die demografische Entwicklung müssen noch stärker berücksichtigt werden.
Dafür brauchen wir die Zusammenarbeit der Strukturverantwortlichen im Gesundheitswesen, also des Landes, der Krankenkassen, der Kassenärztliche Vereinigung, der Krankenhäuser und der Kommunen. Aber auch die Expertise der Landesplanung, der Ärztekammer, der Patientenorganisationen, die von Berufsverbänden und anderen Sozialleistungsträgern werden Berücksichtigung finden.
Am 1. Januar 2014 ist der neue Krankenhausplan in Kraft getreten.
Brandenburg ist mit seinen 53 Krankenhäusern an 62 Standorten gut aufgestellt. Sie sind unsere Anker der gesundheitlichen Versorgung in den Regionen, große und zuverlässige Arbeitgeber.
Sie sichern eine bedarfsgerechte und leistungsfähige Versorgung.
Mit dem Krankenhausplan hat die Landesregierung auf den geänderten Bedarf einer älter werdenden Bevölkerung reagiert. 2/3 der Krankenhaus-Leistungen nehmen ältere Menschen in Anspruch. Altersmedizin, Innere Medizin und Neurologie haben wir gestärkt.
Insgesamt bleibt das Angebot an vollstationären Betten nahezu konstant.
Wir erweitern den Aufbau von Tageskliniken, um die Präsenz von Krankenhaus-Leistungen in der Fläche zu verbessern und wohnortnah zu reagieren.
Anrede,
während wir in Brandenburg unsere Hausaufgaben gemacht haben, sehe ich in der Gesundheitspolitik auf Bundesebene große Defizite.
Hier ist in den vergangenen Jahren viel liegen geblieben.
Völlig offen ist die gesetzliche Regelung für eine verlässliche Krankenhaus-Finanzierung durch den Bund bei den steigenden Betriebskosten v.a. durch Energiekosten und für die Tarifangleichungen für die Beschäftigten. Das ist die beste Regelung für eine Qualitätsoffensive in den Krankenhäusern. Qualitativ hochwertige Leistungen sichern durch angemessene und zuverlässige Bezahlung des Personals. So ist der einfache Zusammenhang!
Und die Krankenhäuser brauchen die Öffnung für ambulante Leistungen, v.a. in unseren kleinen Krankenhäuser in den ländlichen Regionen.
Wir bemühen uns in Brandenburg beständig um die Nachwuchssicherung von Fachkräften z.B. durch die Kampagne www.arzt-in-brandenburg.de.
Anrede,
die Initiativen der Länder brauchen eine gesetzliche Unterstützung des Bundes.
Erfolgreiche Projekte müssen evaluiert und möglichst zeitnah in das System der Regelversorgung integriert und damit auf dauerhafte Finanzierungsgrundlagen gestellt werden.
Die gesetzlichen Vorgaben müssen die Entwicklung neuer und innovativer Versorgungsansätze möglich machen und befördern.
Hier, liebe Kollegen von der CDU, können Sie Unterstützung für die Brandenburger Gesundheitspolitik organisieren.
Herzlichen Dank!